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Das Opern und Balletthaus in Baku,
der Stolz der aserbaidjanischen Kultur

nach S. Melikova 
   

   

   

    

   

Es gibt Städte, an die man sich, wenn man das erste Mal seinen Fuß in sie gesetzt hat, bis ans Ende seines Lebens erinnert. Solche Städte sind Moskau und Prag, Paris und Sankt - Petersburg, Marseilles und Baku. 

Baku, die Hauptstadt Aserbaidjans an der Küste des Kaspischen Meeres, ist zwar eine geschäftige und lebhafte Stadt, aber immer gastfreundlich. Touristen lieben an ihr nicht nur das Meer, sondern auch ihre vielen anderen Sehenswürdigkeiten. 
Sie beherbergt die größten industriellen und kulturellen Zentren des Ostens, ist aber auch ein Zentrum vieler Museen und architektonischer Denkmäler. Icheri Sheher (die alte Stadt), die Philharmonie und das Opernhaus sind Plätze, die jeder in Baku kennt. 

Die Reihenfolge und Zusammenstellung ihrer Erwähnung mag unterschiedlich sein, aber ein Gebäude wird immer erwähnt: das Opernhaus, und das nicht ohne Grund. Tief im Zentrum von Baku, mitten in den Grünanlagen der Strandpromenade, steht dieses Gebäude, das Musikliebhabern so vertraut ist. Tausende von Menschen besuchen Baku jedes Jahr, weil sie von der Schönheit des Opernhauses und der Qualität seiner Darbietungen gehört haben und begierig sind, es zu besuchen. 

Das Theaterleben von Baku hat eine lange Geschichte und das Opern- und Balletthaus sind der älteste Teil davon. Seit einem ganzen Jahrhundert ist dieses Theater eines der wichtigsten Zentren des kulturellen Lebens der Republik und der Mittelpunkt des Besten, was man an Oper und Ballett in Aserbaidjan finden kann. Viele international berühmte Stars haben ihre Bühnen geziert, unter ihnen Fedor Shalyapin, Leonid Sobinov, Valeriya Barsova, Irina Arkhipova, Elena Obraztsova, Virgilius Noreyka, Maria Bieshu, Zurab Sotkilava, Vladislav Piavko, Maya Plisetskaya, Vyacheslav Gordeev und Irina Kolpakova und alle von ihnen fühlten sich geehrt, nach Baku eingeladen zu werden.

   

    

Das Gebäude wurde 1910 von dem bekannten Architekten Bayev entworfen. Wie andere nationale aserbaidjanische Denkmäler enthält es Elemente des Barock, Rokoko und einige Teile des Maurischen Stils. Statuetten und andere Wandornamente, Spiegel im Inneren, die Wärme der karmesinroten Teppiche, Vergoldungen und Kristall, all das macht das Theater elegant und feierlich. Die akkustischen Eigenschaften der Bühnen und des Zuschauerraums sind ganz hervorragend und entsprechen allen Ansprüchen der dort tätigen Künstler. Aber wie jedes Gebäude, egal wie perfekt und schön es auch sein mag, ist es nicht nur ein Gebäude aus Stein. Kein Theater kann ohne die Menschen, ihren Herzschlag und ihre Freude, ihre Schreie der Begeisterung, ohne ein volles Haus und stehende Ovationen existieren. Man muß auch die erwähnen, denen das Theater sein Leben, seinen Ruhm und seinen Namen verdankt. 

 Die Entwicklung der nationalen Oper ist untrennbar verbunden mit dem Gründer der aserbaidjanischen professionellen Musik, dem hervorragenden Komponisten Uzeyir Gadjibekov. Der 25. Januar 1908, an dem seine erste Oper "Leyli und Mejnun" (basierend auf den Werken des großen aserbaidjanischen Dichters Fizuli) uraufgeführt wurde, markiert den Beginn der Geschichte der aserbaidjanischen Oper.  

Der Erfolg der aserbaidjanischen Oper war nicht zufällig - dieser Musikstil, der sowohl in Aserbaidjan als auch im gesamten Osten völlig neu war, war bewußt auf den Prinzipien der nationalen traditionellen Musik aufgebaut. Die Verbindungen zwischen der aserbaidjanischen Oper und der Folkloremusik sind offensichtlich. In Übereinstimmung mit Uzeir Gadjibekov kann man sagen, daß der Erfolg der ersten Oper damit erklärt werden kann, daß "die azerbeidjanischen Zuschauer ihre eigene nationale Oper auf der Bühne zu sehen erwarteten " und "Leyli und Mejnun" eben nationale traditionelle Musik mit klassischen Themen verband. 

Die Entwicklung der aserbaidjanischen Oper war eng verbunden mit dem nationalen professionalen klassischen Theater, dessen Niveau der Aufführungen sich stetig verbesserte. Dies verdankte es unter anderem der Tatsache, daß Baku am Anfang des 20. Jahrhunderts zu einem Zentrum der Erdölproduktion wurde. Neue Bühnenautoren, Darsteller und Theatermacher kamen nach Azerbaidjan. Nach "Leyli und Mejnun" schrieb U.Gadjibekov verschiedene Opern und musikalische Komödien. Unter ihnen, im Jahr 1913, die Oper "Arshin Mal Alan", die mit großem Erfolg auf vielen Bühnen der Welt aufgeführt wurde und dessen Bühnenbildversionen sehr vielfältig sind. 
   
Zeitgleich mit U. Gadjibekov produzierten auch andere aserbaidjanische Komponisten verschiedene Opern, darunter im Jahr 1916 "Ashyg Garib" von Zulfugar Gadjibekov und im Jahr 1919 "Shakh Ismail" von Muslim Magomayev. Die Periode vom Ende der 20'er Jahre bis durch die 30'er Jahre hindurch ist durch die intensive Arbeit von aserbaidjanischen Komponisten an neuen Opern geprägt. Ein wichtiges Ereignis des kulturellen Lebens Aserbaidjans war im Jahr 1937 die Premiere von Uzeir Gadjibekov's "Keroglu", der Gipfel der nationalen Oper, die sich grundlegend von seinen vorherigen Werken durch die Erweiterung der Tonarten, weiter entwickelte musikalische Formen und das Fehlen von Mugam-Improvisationen unterscheidet. 

"Die Distanz, die von dem großen Meister von "Leyli and Mejnun" bis "Keroglu" in einem Zeitraum von 30 Jahren durchschritten wurde, ist eine Periode, die, gemessen an ihren Ergebnissen, einem oder zwei Jahrhunderten entspricht, wobei die Oper "Keroglu" das größte von Gadjibekov's Werken darstellt, eine wahre Perle des nationalen Theaters..." schrieb Kara Karaev, ein bekannter aserbaidjanischer Komponist. 

Man kann sagen, daß Gadjibekov's Musik eine lebendige Erbschaft darstellt, wahrhaftig orientiert an den nationalen Wurzeln und an den traditionellen Prinzipien von Mitleid und Schönheit.  

Aus diesem Grund schrieb Samed Vurgun über Uzeyir Gadjibekov:

 "Er ist heute bei uns und wird morgen bei uns sein,  
Der Bruder der Lieder von Firuli und Erschaffer von Keroglu, 
Seine Lieder sind auf jedermanns Lippen 
Und werden von seinem Volk gepriesen."

In diesen Jahren wurden auch von anderen Komponisten neue Opern geschrieben, wie unter anderem "Shahsenem" von F. Glier und "Nargiz" von M. Magomaev, dann später in den 40'er Jahren "Khosrov und Shirin" von Niyazi, "Vaterland" von K. Karayev und J. Gadjiyev und "Nizami"von A. Badalbeyli. Im Jahr 1953 schrieb Fikret Amirov die Oper "Sevil", die auf dem Drama von J. Jabbarly's mit gleichem Namen basiert. Die Komponisten in Aserbaidjan setzen die Tradition von nationaler klassischer und moderner Oper bis heute fort. Sie haben sich der gut entwickelten Form der Oper, der Steigerung der Sprache der Musik und der Vervollkommnung der Variation der Instrumentierung gewidmet. 

Im Jahr 1940 begann die Geschichte des aserbaidjanischen Balletts, denn in diesem Jahr wurde das erste Ballett von A. Badalbeyli "der Mädchenturm" mit großem Erfolg uraufgeführt. Wieder lagen die Grundlagen dieses Werks sowohl in den Tonarten und rhythmischen Eigenheiten der aserbaidjanischen traditionellen Tanzmusik als auch beim klassischen Balletts. 10 Jahre später, im Jahr 1950, war die Premiere des Balletts "Gulshan" von S. Gadjibekov. 

Aber es waren die beiden Balletts von Kara Karaev, "die sieben Schönheiten" nach dem Gedicht des großen aserbaidjanischen Dichters Nizami (1951) und "der Weg des Donners" nach der Novelle von P. Abrahams (1958), die Aserbaidjan weltbekannt machten. Dmitri Shostakovich, einer der Lehrer Kara Karaev's, schrieb: "die Musik von Karaev's Ballett ist wahre, große, ausgewogene, symphonische Musik, gepaart mit einer ungeheueren Begeisterung. Seine Balletts benutzen die ganze musikalische Bandbreite, immer wachsend und sich weiterentwickelnd. Karaev demonstriert seine außergewöhnliche Fähigkeit seine Charaktere zu skizzieren, macht sie sichtbar und verdeutlicht sie durch psychologische Elemente." 

Das Opernhaus in Baku ist für die Zuhörer nicht nur durch die Talente seiner Darsteller oder die Anzahl der Aufführungen interessant, sondern auch durch die Vielfältigkeit seines Repertoires. Es besteht aus klassischer Musik, wie die Opern "Lucia de Lamemour" und "der Liebestrank" von Donizetti, "der Barbier von Sevilla" und "La Gazza Ladra" von Rossini, "Carmen" von Bizet, "die Hugenotten" von Meyerbeer, "La Traviata", "Rigoletto", "Il Trovatore", "Aida", und "Othello" von Verdi, "I Pagliacci" von Leoncavallo, "Tosca" und "La Boheme" von Puccini, "Prinz Igor" von Borodin und "die Liebe zu den drei Orangen" von Prokofiev, sowie aus Balletts wie "Don Quixote" und "Giselle" von Adan, "Schwansee", "die Nußknackersuite", "Dornröschen" von Tschaikovsky, "Cinderella" von Prokofiev, "das goldene Zeitalter" von D. Shostakovich und vielen anderen. 

Jedoch, das wichtigste ist wohl, daß eine große Anzahl nationaler Opern und Balletts auf der Bühne dieses Opernhauses präsentiert wurden. Die besten Bühnenproduktionen Aserbaidjans wurden hier aufgeführt. Bis heute macht das Opernhaus sein Publikum mit den neuen Werken aserbaidjanischer Komponisten bekannt. Die herausragensten Werke waren: die Opern "Vaqif" von R. Mustafayev, "Bagadur und Sonah" und "verwelkte Blumen" von S. Aleskerov, "der Tod" von V. Adigozalov, "das Schicksal eines Sängers" und "Azad" von J. Jangirov, "der Fuchs und der Wolfshund" von E. Mamedov, "Jyrtdan" von N. Aliverdibekov, "Aygun" von Z. Bagirov, "Cinderella" von L. Veinstein sowie die Balletts "die kaspische Ballade" von T. Bakikhanov, "die Schatten von Gobustan", von F. Karayev, "Chernushka" von A. Abasov, "eine Liebessage" von A. Melikov, "Chytra" von Niyazi, "Humai" von N. Mamedov, "1001 Nächte" and "Nizami" von F. Amirov und "Babek" von A. Alizadeh. 

In kurzer Zeit wurde das aserbaidjanische Opernhaus als eines der besten der Welt bekannt. Sein Repertoire beinhaltet die besten und fortschrittlichsten künstlerischen Arbeiten der nationalen Komponisten und sein Ensemble hat sein Publikum immer mit seinen hervorragenden Darstellern begeistert. Die Qualitäten von vielen nationalen Schauspielern, Sängern und Tänzern zeigte sich auf der Bühne dieses Opernhauses, unter ihnen der Sänger Bülbül, der Gründer der aserbaidjanischen professionellen nationalen Gesangsschule, sowie Shovkat Mamedova, Fatma Mukhtarova, Husseingulu Sarabsky, Hagigat Rzayeva, Rauf Atakishiyev, Firangiz Akhmedova, Rashid Beybutov, Muslim Magomayev, Lutfiyar Imanov, die Schwestern Fidan und Khuraman Kasimova, Rubaba Muradova, Abulfat Aliyev, Zeinab Khanlarova und andere.  

Die großen Tänzer, die auf der Bühne des Opernhauses gestanden haben, sind unter anderem Gamar Almaszadeh und Leyla Vekilova, Konstantin Batashev, Rafiga Akhundova und Maksud Mamedov, Vladimir Pletnev und Chimnaz Babayeva.  

Die größten Bühnendirektoren und Produzenten des Opernhauses von Baku waren unter anderem Ismail Hidayatzadeh, Mehti Mamedov, Adil Iskenderov, Sultan Dadashev und Firudin Safarov. 

    

Unter den Dirigenten, die hier den Taktstock geschwungen haben, befinden sich Namen wie Maestro Niyazi, Ashraf Gasanov, Afrasiyab Badalbeyli, Ahad Israfilzadeh und Kamal Abdullayev. 

Der hervorragende aserbaidjanische Dirigent Rauf Abdullayev spielte zeitweise eine wichtige Rolle beim Ausweiten der Aktivitäten des Ensembles. Während seiner über 20-jährigen Tätigkeit als leitender Dirigent produzierte er über 30, sowohl klassische als auch moderne, Opern- und Ballettaufführungen. 

Solisten, Dirigenten und Bühnendirektoren aus verschiedenen Ländern wurden eingeladen an Veranstaltungen teilzunehmen. Gleichzeitig wurden fortgesetzt einheimische Darsteller am Theater betreut. Das Opernhaus ist zu Recht Stolz auf die Künstler, die hier ausgebildet wurden. Viele von ihnen erhielten Preise, Auszeichnungen und Titel bei berühmten internationalen Veranstaltungen und Festivals. Unter ihnen sind die Sänger Shahlar Kuliyev, Valida Pashayeva, Agakerim Kerimov, Mukhtar Melikov und Garina Kerimova, der Dirigent Javanshir Jafarov, der Bühnendirektor Hafiz Kuliyev und die Ballett-Solisten Medina Aliyeva, Tatyana Sukhorukova und Zaur Fatullayev. Diese Talente standen auch schon in Opernhäusern in Frankreich, Monaco, dem Iran und Irak, Luxenburg, Jordanien, Deutschland und der Türkei mit großem Erfolg auf der Bühne. 

Auch die begabtesten Mugam-Sänger befinden sich unter den Künstlern der Bühne des Opernhauses, unter ihnen Arif Babayev, Janali Akperov, Baba Mahmudoglu, Sakina Ismailova, Gandab Kuliyeva, Alim Kasimov, Mansum Ibragimov, Gulyaz Mamedova und Nazaket Teymurova. 

Die Aufführungen des Opernhauses sind auch dem Publikum in Moskau and Saint-Petersburg, Kishinev und Tashkent, Tbilisi and Stavropol gut bekannt.  

Auf dem internationalen Tanzfestival auf dem Champs-Elysee in Paris wurde den Tänzern des aserbaidjanischen Balletts 1969 das Diplom der Pariser Tanzakademie verliehen. 

Das Theater hat sich die Liebe seines Publikums verdient. Nicht nur die einheimischen Zuschauer, sondern auch eine große Anzahl von internationalen Besuchern und führende ausländische Darsteller schätzen seine Aktivitäten. 

Im Jahr 1959 wurde die aserbaidjanische Opern- und Balletthaus eine akademische Institution. Es gab viele Siege und Erfolge während der Jahre seines Bestehens. Die Zuschauer glauben an die Zukunft dieses Theaters, lieben es wegen seiner Leistungsfähigkeit und seines hart arbeitenden Personals, seiner Unabhängigkeit bei der kreativen Arbeit und seiner Courage.  

Und diese Liebe ist gegenseitig ! 

    

   

   

   

   

  

   

   

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©   2005   Wilfried Gorski